4 Kampfmythen, die dich auf der Straße richtig in Bedrängnis bringen!

Janett Zappe • 16. Februar 2022

4 Kampfmythen, die dich auf der Straße richtig in Bedrängnis bringen!

Zahlreiche Irrtümer, Missverständnisse und vollkommen unsinnige Annahmen drehen sich um den Kampf auf der Straße. Leider sind häufig die gut gemeinten Ratschläge in der Praxis absolut unbrauchbar. Denn wer sich etwas mit der Anatomie des menschlichen Körpers auskennt, wird schnell merken, wie unsinnig viele dieser Tipps sind.


Im Rahmen meiner unterschiedlichen Tätigkeiten im Sicherheitsbereich sowie als Ju Jitsu Trainer höre ich sehr oft die dümmsten Kampfmythen. Welche 4 Mythen die häufigsten sind und warum sie in Echt für Unerfahrene und Untrainierte  gar nichts bringen, erfährst du hier. Wenn du an ernsthafter und praxiserprobter Selbstverteidigung interessiert bist, solltest du die folgenden Zeilen genau lesen und dir merken.


Ein kräftiger Faustschlag und der Kampf ist beendet

Aufgrund der zahlreichen Actionfilme und Serien glauben die meisten Menschen, dass ein gezielter Faustschlag die effektivste Selbstverteidigung ist. Dem ist aber nicht so, ganz im Gegenteil, ich erkläre dir auch gleich warum.


Natürlich kann  so ein Schlag zum Knockout führen, aber die Gefahr sich selbst die Hand zu brechen ist einfach viel größer und geht schneller als man denkt.

Die Hand besteht aus 27 filigranen Einzelknochen. Wenn nur einer von ihnen bricht, ist das Weiterkämpfen nur unter größten Schmerzen und Einschränkungen machbar. Selbst das Greifen oder Wegschieben des Angreifers wird zu einer Mammutaufgabe und Schläge sind gar nicht mehr möglich. Meist führen Verletzungen an der Schlaghand zu einer schmerzhaften Niederlage. In den seltensten Fällen gelingt es einem den Angreifer mit einer Hand zu besiegen oder zumindest weitestgehend unverletzt aus der Notlage zu entkommen.

Auch Handgelenke kann man sich im Nu brechen oder verstauchen.

Meistens entstehen diese Verletzungen, wenn man in einem ungünstigen Winkel auf den Kopf oder Körper des Angreifers schlägt. Das Handgelenk knickt in diesen Fällen um und schon ist das Malheur groß. Wer das Ganze für übervorsichtigen Humbug hält, sollte einfach mal ein paar kräftige Schläge ohne Boxhandschuhe auf einen Sandsack tätigen.

Daher sind Faustschläge für Laien nicht zu empfehlen.


Ein Schlag auf den Solarplexus führt zum Knockout

Immer wieder berichten mir Schüler, dass der Solarplexus das viel bessere Ziel für einen gezielten Schlag sei. Der Angreifer schützt ihn aus Unwissenheit nicht und ein Treffer ist sehr wirkungsvoll.

Beide Punkte treffen sogar zu. Allerdings rate ich Unerfahrenen meist davon ab, den Solarplexus treffen zu wollen.

Damit du das Warum verstehst, erkläre ich wo der Bereich liegt und was sich hinter dem Begriff verbirgt.


Der Solarplexus ist ein Nervenfasergeflecht, das sich zwischen dem Brustkorb und der Magengrube befindet. Ein ordentlicher Schlag auf diesen kleinen Punkt kann zu gefährlichen Nervenreizungen oder sogar dem Tod führen. Wahrscheinlicher sind aber Atemnot, Schwindel, Übelkeit oder Bewusstlosigkeit.

Leider trifft man ohne die nötige Erfahrung in einem echten Kampf mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht den Solarplexus, sondern die Rippen.

Wenn du  mir nicht glaubst, kann du das Ganze gerne mal bei einer kleinen Rangelei ausprobieren.

Bereits hier ist es kaum noch möglich einen Schlag in den Bereich zu setzen. Oft gelingt es nicht mal die andere Person in dem Bereich zu berühren. Entweder ist man zu klein oder man kommt gar nicht nah genug an den Angreifer heran. Gelingt es doch, reicht die Schlagkraft meist nicht aus, um den gewünschten Effekt beim Gegenüber zu erzielen.

Es gibt einfachere Ziele. 


Der Bodenkampf führt auf der Straße zum Erfolg

Von vielen Kampfkünstlern hört man immer wieder, dass am Boden kämpfen die Erfolgsaussichten erhöht. Meist begründen sie es damit, dass viele Angreifer dort leicht zu bezwingen sind. Grundsätzlich gesprochen ist das auch nicht falsch. Ein Bodenkampf ist nur dann zu empfehlen, wenn man darin geübt bzw. trainiert ist. 

 

In der reinen Selbstverteidigung sollten solche Situationen aber vermieden werden. Zwar sollte man ein paar Grundkenntnisse des Kämpfens am Boden beherrschen, aber den Angreifer nach Möglichkeit nicht selbst zu Boden bringen. Zu groß ist die Gefahr von Verletzungen. Außerdem ist man am Boden in einer ganz ungünstigen Position, wenn man gegen mehrere Leute kämpft oder Freunde des Angreifers zur „Hilfe“ eilen. Schließlich ist man nun ein leichtes Ziel von Schlägen und Tritten. Oft kann man gar nicht mehr aufstehen, sondern sich nur noch gegen das Dauerfeuer versuchen zu schützen. Sollte man unbeabsichtigt zu Boden gehen, ist das oberste Ziel wieder in den Stand zu gelangen. Deswegen ist es wichtig auch Befreiungstechniken am Boden zu kennen. Ansonsten ist man einem erfahrenen Angreifer schonungslos ausgeliefert. Manchmal werden die Opfer am Boden nicht nur zusammengetreten, sondern regelrecht tot geprügelt.

Festlege-/Fixiertechniken sowie Befreiungstechniken sind Bestandteil unserer Selbsverteidigungskurse


Treten kann jeder und es ist mehr als effektiv

Die meisten Menschen sind der Meinung, dass man treten nicht lernen muss. Schließlich weiß doch jeder, wie man gegen das Schienbein tritt!? Aber ist treten auch gleich treten?

Nein, entweder werden dazu die Zehenspitzen genutzt oder einfach der Spann. Beide Varianten sind aber absolut nicht empfehlenswert für Unerfahrene. Schnell kommt es zu Brüchen oder Verstauchungen. Schließlich ist der Fuß genauso zerbrechlich gebaut wie eine Hand.

Eine Vielzahl an Knochen befindet sich in diesem empfindlichen Konstrukt. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es schnell zu ernsthaften Verletzungen kommt. Diese sind meist so schlimm, dass man weder wegrennen noch richtig stehen kann. Daher darf man weder mit den Zehenspitzen, noch mit dem Spann als Ungeübter gegen das Bein des Angreifers treten. Noch schneller kann man sich gar nicht selbst kampfunfähig machen.

Tritttechniken wollen vernünftig gelernt und regelmäßig trainiert werden. Dann hat man mit den Füßen, Schienbeinen und auch Knien optimale Waffen zur Selbstverteidigung. Zudem rechnen viele Angreifer auf der Straße nicht unbedingt mit den Beinen als Waffe.

Tritttechniken werden bei unsregelmäßig an einem Dummy trainiert.


Jeder Mensch ist eigen und speziell. Deswegen helfen wir jedem ganz individuell seine Vor- und Nachteile kennen zu lernen um diese effektiv einsetzen und nutzen zu können.




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